Böses Märchen

Es war einmal ein kleines Mädchen namens Aurora, das hatte einen kleinen Hund namens Theo. Die beiden spielten jeden Tag miteinander. Eines Tages, als sie im Wald spazieren gingen, verschwand Theo auf einmal. Aurora lief lange durch den Wald und rief nach ihm, aber er kam nicht zurück. Das Mädchen weinte und rannte verzweifelt nach Hause. Die Eltern fragten, was passiert sei, und Aurora erzählte ihnen, dass Theo verschwunden war. Die Eltern wussten, wie wichtig der Hund dem Kind war und versuchten, es zu trösten. Aber Aurora konnte nicht schlafen und ließ sich nicht ablenken. Da das Mädchen gerne Obst aß, lief die Mutter am nächsten Tag zum Obsthändler und kaufte ein. Sie brachte dem Kind Äpfel, Trauben und Beeren ans Bett und reichte ihm Wasser. Aurora wollte immer noch nichts essen, aber sie hob den Kopf und trank etwas Wasser. 
„Dein Vater und ich fahren jetzt in den Wald und versuchen, Theo zu finden. Bleib im Bett und ruh dich ein wenig aus,“ sagte die Mutter zu Aurora.
„Danke, Mama,“ antwortete das Mädchen und schloss die Augen. Endlich schlief sie ein, aber nach wenigen Minuten wurde sie von einem lauten Klopfen geweckt. Sie stand auf und taumelte zur Tür. Plötzlich fiel ihr ein, dass ihre Eltern ihr gesagt hatten, sie dürfe niemandem die Tür öffnen, wenn sie allein im Haus sei.
Sie blieb stehen und wartete. Wieder klopfte es. Sollte sie die Tür öffnen? Da hörte sie ein Bellen. „Theo!“ Sie lachte und riss die Tür auf. Theo sprang hoch und begann sofort, ihr das Gesicht abzulecken. 
„Den habe ich in meiner Hütte gefunden. Er hatte wohl mein Abendessen gerochen!“ 
Aurora schaute hoch und sah eine lächelnde Frau mit großen braunen Augen und langen dunklen Haaren. Ihr Gewand war schwarz und sie trug eine lange Kette mit einem großen fünfeckigen Stern um den Hals.
„Woher wussten Sie, dass Theo hier wohnt?“
„Er zeigte mir den Weg,“ erwiderte die Frau. Ihre Augen leuchteten. „Nach seinem Mahl und einem kleinen Schläfchen wollte er unbedingt zurück nach Hause.“
„Danke,“ sagte das Mädchen mit zitternder Stimme. Es hatte wieder angefangen zu weinen, aber diesmal vor Erleichterung. 
„Ich kann sehen, wie froh du bist, ihn wieder bei dir zu haben.“ Die Stimme der Frau war warm und tief.
Aurora nickte und lächelte. Sie nahm den Hund in den Arm und streichelte ihm den Kopf. Sein Fell hinter den Ohren war immer am weichsten.
„Natürlich wollte er nach Hause, aber manchmal ist es besser, weiterzuziehen,“ sagte die Frau und lächelte noch breiter.
Aurora hörte nicht zu. Sie schloss die Augen und küsste Theos Kopf. Er fühlte sich sehr kalt an. Auf einmal merkte sie, dass sich der Hund nicht mehr regte. „Theo?“ flüsterte das Mädchen und kauerte sich neben ihn auf den Boden. Der Hund reagierte nicht, aber sie wusste, dass er nicht schlief, denn seine Augen waren weit geöffnet und schienen etwas anzustarren, was für Aurora unsichtbar war. 
„Ich habe Theo befreit,“ sagte die Frau. „Er ist jetzt in einer besseren Welt.“
„Ich verstehe nicht,“ flüsterte Aurora.
 „Wenn du mit mir kommst, wirst du alles verstehen.“
„Was ist mit ihm passiert?“ Aurora begann zu schluchzen.
„Du musst dir keine Sorgen machen. Du möchtest Theo nicht verlieren, oder?“
Aurora schüttelte heftig den Kopf.
„Dann komm, nimm meine Hand.“
Aurora sah die Frau an. Sie lächelte immer noch. Sie wirkte so ruhig, so voller Hoffnung und Liebe. Aurora konnte nicht wegschauen und merkte, wie sie selbst immer ruhiger wurde. Dann schlossen sich ihre Augen und sie wunderte sich, wie mühelos ihre kleinen Hände die großen der Frau fanden, wie kalt die Hände der Frau waren, und welches Vertrauen sie verspürte, während sie schwebend das Haus verließen.