Transkript - Schreiben mit Tonia
Lisa: Hallo und herzlich willkommen zum spoken german podcast. Mein Name ist Lisa, ich bin Deutschlehrerin und ich möchte euch mit diesem Podcast helfen, euer Hörverständnis zu trainieren. Für diese Spezialepisode habe ich meine Freundin Tonia zum Thema Schreiben befragt. Tonia schreibt gern Geschichten und beschäftigt sich daher schon seit langer Zeit mit dem Thema Kreativem Schreiben. Als erstes fragte ich Tonia, wann sie mit dem Schreiben angefangen hat.
Tonia: Ja, ich glaub, so’n richtiges Datum oder Jahr fällt mir jetzt nicht ein. Ich weiß nur, dass ich eigentlich schon immer gern geschrieben hab, sei es jetzt, keine Ahnung, in der Grundschule, so Aufsätze, da hatte ich von der Lehrerin so „oh schön,“ ne, Lob bekommen, unter dem Aufsatz, und einfach Geschichten erzählt. Aber so richtig… den ersten Roman hab ich mal mit 21, glaub ich, angefangen, hab den aber leider nie beendet. Also ich hab damals dann auch das Studium begonnen, uff, ja, natürlich musste ich dann Hausarbeiten schreiben und so’n Kram, so dass mir, glaub ich, nicht so viel Zeit blieb. Tagebuch hab ich oft geschrieben, und Gedichte, ne, diese typischen Teenagergedichte, wahrscheinlich wie schrecklich das Leben ist. Und dann hab ich, auch in meinen Zwanzigern, bei der Rheinpfalz, das ist 'ne lokale Zeitung bei uns, eben gearbeitet als Freiberuflerin während des Studiums, weil ich dachte, „oh okay, ich schreib gern, also werd’ ich Journalistin!“ Aber irgendwie war das dann doch nichts, ich hab dann gemerkt, „hmm, ich schreib eigentlich gern Geschichten, ich erfinde gerne Geschichten,“ also ich wollte da eigentlich mehr Fantasie einbringen und nicht Fakten und eben dieses wissenschaftliche und journalistische Schreiben, und dann hab ich’s eben auch irgendwann gelassen. Ansonsten hab ich dann zehn Jahre später – ich glaub, ich hab wirklich lange nichts mehr gemacht, vielleicht ab und an [ein] bisschen was geschrieben – da wollte ich das wirklich ernster nehmen und dann hab ich mich bei so 'ner Online-Community eingeschrieben, wo man eben seine Geschichten teilt und Kritiken schreibt und auch welche bekommt, und eben übers Schreiben spricht und diskutiert, das war echt ganz schön, da bin ich auch immer noch, nach fünf Jahren.
Lisa: Cool! Wie heißt das Forum?
Tonia: Scribophile heißen die.
Lisa: Ah, die hab ich auch mal genutzt, ein paar Monate zumindest.
Tonia: Also am Anfang hab ich wirklich viel gelernt, weil ich sah die Fehler der anderen sozusagen in meinem eigenen… in meinen eigenen Texten, aber nach fünf Jahren, ne, ist immer das Gleiche eigentlich: Thema Charaktere, oder: hast du zu wenig Beschreibungen, hast du zu viele? So was seh ich halt jetzt und weiß, hmm, kann ich jetzt verbessern, aber im Moment bin ich da nicht so oft. Für Kritiken ist das gut, also ich poste da manchmal Kurzgeschichten, aber so Romane oder so was, das hab ich jetzt nicht gemacht. Aber ja, ich hab mir das dann vorgenommen, das irgendwie ernster zu nehmen und hab mich damals für einen Master in Kreativem Schreiben angemeldet und das war echt gut, also das ging zwei Jahre halbtags, online. Also das war so’n distant learning Ding aus England und das war echt nicht schlecht. Da hab ich gemerkt, okay, jetzt wird’s ernst, also ich will es wirklich verfolgen und ja, und seitdem schreib ich regelmäßig, also ich hab ja jetzt auch vor ein paar Wochen meinen ersten Roman beendet.
Lisa: Woohoo!
Tonia: Endlich! Also das war jetzt echt 'ne lange Zeit, aber ich hab halt nicht jeden Tag daran gearbeitet. Also so on und off waren es so zwischen vier [und] fünf Jahre. Und ja, hat sich auch viel geändert seitdem an der Geschichte. Der Anfang hat sich tausendmal geändert, das Ende weniger. Ich glaube, ich weiß eigentlich so oft, wie es endet, also, das ist, ja, so mein Ding, ich hab da irgendwie so’n Bild im Kopf, und so endet es, und dann kann man so darauf hinarbeiten. Aber es war schon voll die harte Arbeit, aber ich bin echt froh, ich bin jetzt stolz darauf, und warte jetzt auf Feedback von ein paar Leuten, die das lesen, und dann will ich im Januar mal ein paar Agenten kontaktieren. Ich bin gespannt.
Lisa: Ich drück dir fest die Daumen!
Tonia: Ja, vielen Dank! Ja, es ist auf jeden Fall 'ne interessante Reise.
Lisa: Ja, echt spannend! In welchen Genres schreibst du gern? Gibt’s bestimmte Genres, die du am liebsten schreibst?
Tonia: Bei mir ist [es] halt so, ich probier' viel aus. Ich hab bestimmt schon was mit Horror geschrieben, Romanzen hab ich geschrieben, Science Fiction hab ich sogar einmal probiert. Erotica hab ich auch sogar mal geschrieben. Das ist echt lustig und es macht halt Spaß, verschiedene Sachen auszuprobieren, aber ich glaub, so mein Haupt… – wobei, Genre kann man’s, glaub ich, nicht nennen, [es] ist eher 'ne Marketingkategorie – ist Jugendbuch. Also, Geschichten eben für Jugendliche mit jugendlichen Protagonisten. Ich weiß auch nicht, warum. Aber das ist so mein Ding. Ich find', da kann man ganz viel machen, weil [es] ist halt 'ne spannende Zeit. Und Teenager sind ja auch nicht grad vernünftig, zumindest nicht viele, eben weil sie grad diese Veränderung durchmachen und das Gehirn sich auch irgendwie verändert und man einfach, ja, so’n bisschen verantwortungslos ist, die können nichts dafür. Aber so entwickeln sich halt interessante Konflikte und interessante Plots einfach und ja, das fasziniert mich so, aber ansonsten, ja, ich probier' mich in letzter Zeit halt auch in Flash Fiction, was diese ganz kurzen Geschichten sind, oder ‚Mikrogeschichten‘ nennen die sich auch, und die sind so bis zu 1000 Wörter lang, ist auch super lustig, das ist auch nicht einfach, du musst wirklich 'ne Geschichte erzählen in so 'ner kurzen Zeit. Also die Details können da echt raus, aber die, die drin sind, sollten schon 'ne Wucht haben, ja, und auch die Beschreibungen, es darf nichts unnötig sein, und das war am Anfang echt schwer für mich, weil ich gleich eher Themen hatte für Romane. Und meine Kurzgeschichten waren dann auch sehr detailliert und das hab ich auch da auf Scribophile dann erfahren, weil viele, die halt vorher schon Kurzgeschichten schrieben, und ich nicht, die meinten auch, „oh, man merkt, du schreibst eher Romane, gell?“ Ich so, „ja!“ Aber ja, ich weiß auch nicht, ich mag’s halt wirklich, wenn man viel Zeit hat, die Charaktere zu entwickeln, [zu] beschreiben, und bei diesen kurzen Sachen, da… ist nicht einfach, aber es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, die ich gerne annehme. Also, das mach ich gerne jeden Tag, weil die auch schneller fertig sind, ne, also so’n Roman. Und dann kannste sie auch schneller überarbeiten und schneller rausschicken an Magazine, und das ist immer ganz spannend, zu sehen, ob es ankommt oder nicht. Naja. Ich mag [es] halt auch immer, ein bisschen Humor rein[zu]bringen, jetzt nicht immer, aber klar, wenn’s passt. Ansonsten mag ich auch gerne Storys mit fantastischen Elementen, also auch ein bisschen Seltsames in unserer Welt irgendwie. Ja, unterhaltsam sollen sie auch sein. Also, ich schreib auch gern das, was ich natürlich gern lese, und auch über Themen, die mich halt interessieren und die ich weiterverfolgen möchte, wie jetzt Musik, Neurologie, Psychologie, find' ich interessant. Und ja, einfach emotionale, komplexe Charaktere, das find' ich dann immer ganz spannend zu schreiben.
Lisa: Du hast ja eben gesagt, du weißt eigentlich schon, wie es endet, aber ist es so, dass du sehr viel planst oder ist es so, dass du es eher spontan machst und dann hinterher noch mal neu planst oder strukturierst?
Tonia: Gute Frage. Ja, also, ich denk', dadurch, dass ich jetzt nun einen Roman bisher geschrieben hab, kann ich jetzt echt nicht sagen, das ist mein Prozess. Ich denke, vielleicht ändert sich das ja von Roman zu Roman. Aber für Kurzgeschichten hab ich null Plan. Also da schreib ich wirklich drauflos. Ich hab irgendwie so’n Bild oder 'ne Idee, irgendwas war da, dass das jetzt irgendwie getriggert hat und dann geht’s los. Manchmal führt’s zu etwas, manchmal halt nicht. Aber anders kann ich das nicht schreiben, diese Kurzgeschichten, ich weiß auch nicht, wobei, im Nachhinein, klar, guck ich dann, in welche Richtung es geht und wo ich dann mehr Recherche machen muss, weil ohne Recherche geht gar nix. Also, man merkt dann, die sind ein bisschen flach, die Sachen, weil du einfach das Wissen nicht hast, ja. Wenn du wirklich so’n Thema hast, wo du dich nicht auskennst, kannst du auch nicht tolle Details dazu schreiben, und die machen echt was aus. Bei dem Roman jetzt… ich hatte schon 'ne Idee, ja, also ich wusste, was für Szenen ich drin haben [möchte] – lustige, romantische – wo die [spielen], ja, ich hatte so’n paar Ideen, wusste auch wirklich vom Schluss her, wie es ungefähr enden soll, und ja, dann hab ich eigentlich so 'ne Art Outline, aber auch nicht wirklich, also weil ich will schon dann spontan schreiben können. Aber ich muss wissen, was in der Szene passiert. Es muss nicht viel sein, wie zum Beispiel: Die treffen sich zum ersten Mal. Oder: Hier streiten die sich. Also, ich hab jetzt nicht Punkt für Punkt, wie das genau vonstattengeht, dieser Streit, aber ich schreib dann halt drauflos. Aber ich hab so 'ne Idee, was der Sinn oder das Ziel der Szene sein soll. Für meinen neuen Roman jetzt, wo ich plane, da hab ich ein Buch, das ist ganz gut, das heißt Save the Cat writes a novel und das ist so ne Adaptation für Schriftsteller, also für Romanschriftsteller, vom script her, weil dieses Buch gab’s eigentlich für Drehbuchautoren, und da hieß es einfach Save the Cat. Und da steht wirklich so Punkt für Punkt, „das erste Bild“, ja, dann „das Problem“ oder dann kommt hier irgendwie ein Hindernis, und so hast du so 'ne kleine Roadmap, wo es hingeht und so hast du dann mehr Ideen, das hilft schon, also das mach ich gern, weil sonst, ja, wenn ich einfach drauflos schreibe am Roman, kann es sein, dass ich mich da… ich weiß auch nicht, wo ich lande. Und dann hab ich eben bei der Überarbeitung mehr zu tun und ich hasse Überarbeitung! Ich kann’s einfach nicht leiden, es macht mir keinen Spaß, ich schreib halt lieber gern. Aber es ist nötig, ohne die Überarbeitung geht’s nicht. Ich hab auch wirklich viele Sachen verändert in meinem Roman. Als ich das dann durchgelesen hab, da waren so Szenen, die waren gar nicht miteinander verbunden, es waren eine nach der anderen, „ah, Hauptsache, schöne Szenen,“ ja, aber für den ganzen Plot… [da] hatten die nicht wirklich viel mit zu tun. Ja, also ich hatte so’n Riesenwälzer, 130.000 Wörter am Anfang, ja, das ist viel zu viel. Für Fantasy und Science Fiction glaub ich, ist es okay, wenn man über 100.000 Wörter hat, aber für so’n contemporary [zeitgenössischen] Romanze, nee! Und dann bin ich echt runter, ich bin jetzt auf 95.000 Wörter runter. Es war so anstrengend, weil ich war einfach überwältigt von der Anzahl der Wörter und dieser Szenen und ich musste echt eine nach der anderen durchgehen und gucken, was ist das Ziel dieser Szene, bringt das was, ist sie verbunden mit der vorherigen, mit der nächsten? Insofern, ja, die kurze Antwort, auf Englisch heißt das plantser, ja, einer ist der Outliner, der plant [also planner], und der pantser, das sind die, die einfach drauflosschreiben, und ich bin so’n Hybrid. Ich muss schon [ein] bisschen wissen, wie es weitergeht, was kommt, aber dann schreib ich drauflos. Also, ich plane jetzt nicht im Voraus die Szene ganz minutiös. Da lass ich mir schon ein bisschen Kreativität und Freiheit, wie ich das in dem Moment schreibe.
Lisa: Als ich als Teenager geschrieben hab, da muss ich auch sagen, da hab ich immer viel mehr drauflosgeschrieben. Ich mein, da hatte ich auch so ne vage Idee, wie alles läuft, aber ich hab das Gefühl, da war ich irgendwie viel freier im Schreiben. Das hat mir viel mehr Spaß gemacht, während jetzt, da versuch ich immer, während ich schreibe, es zu bearbeiten, und dann verlier ich irgendwann die Motivation.
Tonia: Ja, will man ja nicht, ne, das sagt ja jeder, dass man drauflosschreiben soll, bei der ersten Fassung. Ich denke, wenn du wirklich drauflosschreibst und nicht währenddessen überarbeitest, bist du besser dran, aber das kann ich auch nicht machen. Deshalb dauert’s bei mir dann auch so lange, aber dafür hab ich dann hoffentlich weniger Arbeit dann am Ende.
Lisa: Stimmt.
Tonia: Zumindest, was die schönen Sätze angeht oder wie es formuliert ist oder Grammatik oder irgendwelchen Fehler. Aber klar, ich denke schon, die Arbeit kann man dir da nicht abnehmen, dass du später alles nochmal [überarbeiten musst]… Ja, das ist auch so’n Ding: [wenn du] die Szenen in ne andere Reihenfolge bringst und auf einmal macht’s mehr Sinn, oder die Szene einfach später beginnst oder früher endest. So Kleinigkeiten, wo du dann denkst, „wow, das war die Lösung meines Problems!“ Manchmal ist es so einfach, manchmal halt nicht, da musst du überlegen, wie du’s hinkriegst.
Lisa: Interessant, ja! Und was, denkst du, ist der beste Ratschlag, den du je bekommen hast zum Thema Schreiben, oder der beste Tipp?
Tonia: „Der beste,“ okay, ich hab hier acht! Also, da ist ein Buch, das heißt Bird by Bird und das ist von Anne Lamott, und die hat nen guten Tipp: Mach das Schritt für Schritt. Das ist wirklich ein guter Tipp. Also, vor allem, wenn es um Editing geht, aber auch, um die erste Fassung zu schreiben. Denk nicht gleich an 50.000 Wörter, 60.000 Wörter, ja, sondern eine Seite, oder: „Ich mach heut nur 500 Wörter.“ Ja, jeden Tag ein bisschen. Ich kenn' Leute, die schreiben ihren Roman auf’m Handy, also wenn sie pendeln oder in der Mittagspause. Da tut sich auch was, ja. Das dauert zwar länger, aber es funktioniert, also wirklich kleine Portionen, ich denke, das ist ein guter Tipp. Sonst ist man überwältigt. Ansonsten… Ja, der Klassiker: Immer ein Notizbuch dabeihaben! Am besten auch neben dem Bett. Man weiß nie, wann die guten Ideen kommen. Und wirklich alles gut beobachten, ja, also einfach, „wie fühlt sich dieser Baum an?“ Ja, klar, man denkt, was ist das für eine, die läuft da durch den Park und fasst die Blätter an und den Baumstamm! Aber halt solche Sachen, oder beobachten, ja, Leute, und zuhören, Dialoge. Man weiß nie, was man da für interessante Sachen hört, die man vielleicht benutzen kann. Ansonsten, ja, das ist auch ein guter Tipp, da gibt’s so’n Spruch – ich les' halt viele, viele Bücher übers Schreiben auf Englisch, jetzt gibt’s auch welche auf Deutsch, in den letzten Jahren ist das da auch gut geworden, aber vor Jahren war das ja nicht mal ein Fach hier, also creative writing gibt’s ja als Studienfach in Amerika und England seit Jahren, und hier nicht, insofern… - zum Beispiel „Write what you know,“ das ist immer dieser Satz, den man so hört als Neuling, aber der ist angeblich nicht so gut, weil sonst schreibt ja jeder über sein langweiliges Leben -- Entschuldigung! -- aber, klar, dann schreib ich darüber, wie es ist, Lehrer zu sein, oder als ich damals da, was weiß ich, in Griechenland war bei meinen Großeltern, ja… Kann natürlich auch spannend sein, aber was besser ist, oder wie man den Satz umformulieren kann, ist eigentlich: „Schreib, was du liebst und das, was dich interessiert, was du lernen möchtest!“ Also, schreib das, was du wissen möchtest, nicht das, was du schon weißt. Ansonsten, klar, selbstredend, viel lesen! Die meisten [Antworten auf die Fragen, die man hat übers Schreiben, findet man eigentlich heraus, wenn man viel liest. Ich würd’s nicht so eng sehen, was man „darf“ und was man nicht „darf“, es gibt Regeln, ja, die kann man brechen, man muss aber einen guten Grund haben, warum, und es gut machen. Ansonsten – das war auch ein Problem früher bei mir: ich hab zu viel zu schnell preisgegeben. Man denkt, man muss alle Infos gleich in den ersten Satz oder ins erste Kapitel tun, aber dabei geht halt viel Spannung verloren. Der Leser muss ja nicht gleich wissen, wer das ist oder warum er dort ist, das kommt ja dann so nach und nach. Man will ja auch, dass die Leute weiterlesen. Also das ist auf jeden Fall auch ein guter Tipp. Ein anderer guter Tipp, den hab ich auch von Neil Gaiman, die hat eine Masterclass aufgezeichnet, und er hat gesagt, dass man Ideen kombiniert, so kommt der auf seine Ideen. Einfach zwei Ideen kombinieren oder etwas, was es schon gab, irgendeinen Film oder ein altes Buch, das man kennt, und [dem] nen anderen Twist geben, ja, so mit ner anderen Idee kombinieren. Und so gehen dir auch nie die Ideen aus. Du wirst dann immer irgendwas anderes haben, was auch nicht geklaut ist. Ansonsten, genau, auch wenn’s am Anfang schwerfällt, die Geschichten eben teilen mit anderen, weil ohne Feedback ist [es] halt schwierig. Und mein letzter Tipp: Rausfinden, was für einen selbst funktioniert. Ich glaub, das ist auch sehr wichtig, weil es einfach sehr subjektiv ist. Was für einen funktioniert, zum Beispiel in Cafés schreiben, funktioniert bei dem anderen gar nicht, man braucht halt absolute Ruhe. Oder jemand schreibt mit Musik und jemand kann das nicht. Also, es gibt kein Richtig und Falsch dort, also du musst wirklich gucken, „was klappt für mich?“ Probier einfach vieles aus, zum Beispiel die Uhrzeit. Ich dachte immer, ich bin ein Morgenmensch, aber in letzter Zeit, so ab 9 Uhr abends, kann ich am besten schreiben. Das war was Neues, 'ne Überraschung für mich, aber okay! Und dann kannst du auch entscheiden, tippst du lieber alles in den Computer oder schreibst du lieber per Hand? Einige können halt besser schreiben, wenn sie per Hand schreiben, da fließt das schneller. Das ist auch so ne Überlegung wert. Ja, also regelmäßig schreiben, auch wenn’s wirklich nur 100 Wörter am Tag sind. Hauptsache, jeden Tag ein bisschen, damit man so 'ne Routine bekommt. Ja, diesen Tipp verfolge ich auch nicht immer… Aber wär ganz gut. Ja, „Übung macht den Meister!“ Und viel lesen, Übungen machen, teilen, vielleicht [ein] paar Fehler identifizieren, die man immer macht. Ich schrieb einfach Dialoge, fast nur. Dann dachte ich, okay, vielleicht sollte ich irgendwie Drehbücher schreiben, weil ich mag halt Dialoge schreiben. Aber jetzt inzwischen, weiß ich auch die schönen Beschreibungen zu schätzen. Und ich denke, es hat auch was mit Recherche zu tun, das ist halt so was, was natürlich vom Schreiben dann abhält… Aber dadurch wird dann die Story besser. Aber das muss ich mir immer wieder sagen, weil ich denke, „öh, jetzt muss ich unterbrechen und darüber was lesen.“ Aber ja, ich merk dann, oh, ich hab jetzt neuen Input!“, und so fallen dir auch neue Ideen ein, für deine Geschichte oder deinen Roman, weil du einfach mehr Infos hast. Ich denke, du musst halt echt gucken, was funktioniert. Ich hatte neulich gelesen, das war ganz interessant, das war mir auch nicht klar, dass, wenn man so’n fetten Absatz zwischendurch packt, muss man echt gucken, wo man den hintut, vor allem, wenn jemand grad spricht, und dann unterbrichst du das – es kann halt nerven, oder es ist spannend, weil du verzögerst dann eben so’n letzten Satz, der dann kommt, ne. Also, das kommt echt immer drauf an, und je mehr du halt liest, desto mehr Beispiele siehst du, wie es halt funktioniert hat oder gut gemacht worden ist oder eben nicht. Das [sind] so viele Optionen einfach, und mir fallen Entscheidungen nicht so leicht und Schreiben ist eigentlich Entscheidungen treffen. Wenn jemand diese Route einschlägt, geht er nicht dahin, und wenn er das macht… Dann geht’s immer so weiter, du musst immer Entscheidungen treffen – A oder B? Was macht die Person? Deshalb, glaub ich, ist es viel Rumprobieren. Und was noch ein guter Tipp ist: Etwas wirklich ausprobieren. Zum Beispiel: Ist das die richtige Perspektive? Lieber schreiben! Schreib’s und dann siehst du’s wirklich. Wenn nur denkst, „ich glaube nicht,“ ne, hast du so im Kopf, das ist nicht dasselbe, du musst das wirklich ausschreiben und gucken, wie es klingt. Also, das ist auch ein guter Tipp, weil ich denke auch immer „hmm.“ Ich bin zu faul, das halt zu machen, weil man will endlich fertigwerden, und denkt sich, „nee, ich lass es lieber, ich glaub nicht, dass es besser ist,“ aber wenn du es dann gemacht hast, sagst du „oh ja, okay, stimmt, ist doch besser, als das, was ich vorher hatte!“ Also viel probieren!
Lisa: Und das macht ja auch Spaß, ne, eigentlich, das Experimentieren, find' ich. Bei Kurzgeschichten zumindest, bei Romanen will man vielleicht einfach nur dann auf der richtigen Spur sein, weil’s eh lange dauert, ne?
Tonia: Genau, da will man einfach die erste Fassung fertighaben und dann kann immer noch… Ich denke, das Gute ist, nach der ersten Fassung kennt man die Charaktere auch besser und dann siehst du, „ah, das passt gar nicht zu dem oder zu ihr, das ändere ich jetzt!“ oder „ah, das muss ich so’n bisschen stärker deutlich machen.“ Man lernt die wirklich erst kennen! Also, man denkt, man kennt sie, aber danach denkst du, „hmm, jetzt kenn ich sie doch etwas besser!“ Und ja, auch vom Plot, du siehst dann, was unnötig ist oder was du vielleicht noch einbauen kannst. Aber dann verschiebt sich alles und dann musst du wieder gucken, was ändert sich dadurch, wenn diese Szene wegschaffe, ja, also musst du es wieder nochmal lesen und von vorne… Ja, also ich hab meinen Roman jetzt auch voll oft gelesen, ich hab den jetzt auch als Hörbuch auf eine App gepackt. Da spricht es dann jemand aus, liest es vor. Ist ganz okay, also für so 'ne Roboterstimme ist es gar nicht mal so schlecht. Falls jemand da draußen auch schreibt und interessiert ist, eben Agenten anzusprechen, das Wichtigste sind echt die ersten paar Seiten. Also, die ersten fünf oder zehn Seiten, zumindest auf dem englisch/amerikanischen Markt. Dabei muss ich sagen, ich hab den Roman auf Englisch geschrieben. Insofern guck ich halt dort, wie’s aussieht. Und es ist echt schwer, einen Agenten zu finden. Also, man macht sich da keine großen Hoffnungen, man hofft, es klappt, aber klar, man muss auch damit rechnen, dass es eben nicht klappt, weil die gucken sich nur deine ersten paar Seiten an und wenn ihnen das gefällt, fragen sie dich, ob du ihnen das komplette Manuskript schickst. Ja, und jetzt warte ich auf Feedback von meinen sogenannten Beta-Lesern – das sind die, die eben den fertigen Roman zu sehen bekommen und Kommentare dazu geben. Ja, [es] ist halt zu entscheiden, welches Feedback nehm' ich jetzt an und welches nicht, ja, das ist auch so ne Sache. Und je besser man seinen Roman kennt oder weiß, was man damit sagen möchte, ich glaub, desto besser ist es, weil man lässt sich leicht auch beeinflussen. Als ich am Anfang bei Scribophile so’n anderen Roman hochgeladen hab – nicht alles, aber die ersten paar Kapitel – wo ich auch nicht wusste, wie es weitergeht, ja, ich hab einfach spontan hochgeladen, also ich hatte keinen Plan – da kamen ja auch tausend Kommentare, einer sagte das, ein anderer sagte dies, und ich: „Argh, was denn nun?!“ Ja, und klar, wenn man selber nicht weiß, wo es hingeht, dann kannst du natürlich auch nicht sagen „oh ja, guter Tipp!“ oder „nee, mach ich nicht, ich will das so, wie es ist!“ Und das ist auch so ne Sache. Deshalb: Schreib deine erste Fassung für dich, durch, zeig sie niemandem, und dann weißt du ja ungefähr, in welche Richtung es geht, und dann weißt du auch, welches Feedback vielleicht wichtig ist für dich und welches du ignorieren kannst, das ist auch wichtig.
Lisa: Stimmt.
Lisa: Tonia erzählte mir, wie ihr die Online-Community Scribophile bei der Recherche für ihren Roman sehr nützlich war.
Tonia: Meine Orte da in den USA – ich war schon mal da, aber – okay, nicht bei allen – ich war halt in Kalifornien, und da spielt das meistens, aber ich war noch nicht in dieser Stadt in Kalifornien – Berkeley, da war ich noch nie. Da hab ich dann Leute gefragt, aus Scribophile, die aus Kalifornien sind und die haben mir auch gesagt, was da für Bäume wachsen, also das war echt hilfreich, oder wie die Temperatur ist abends… dann hieß es, es wird nicht ganz dunkel in L.A. oder so… Also da waren schon gute Tipps, wo ich… wär ich nie drauf gekommen, von selbst, ja, wie so komische Würmer da, da ist so’n Bananenwurm, der sieht aus wie ne Banane. Den hab ich dann auch eingebaut.
Lisa: Cool, cool. Ich freu mich auf jeden Fall, das Buch dann im Buchladen zu sehen, in ein paar Jahren!
Tonia: Na, da bist du ja optimistischer als ich! Aber gut, ich hoffe mal. Der erste Schritt ist wirklich die erste Hürde mit den Agenten. Wenn’s denen gefällt, versuchen sie es eben, nem Verlag zu verkaufen. Ja, und das ist dann so der Traum. Aber gut, wenn nicht – auch ein Tipp, da draußen: egal, weiterschreiben! Nächsten Roman, nächste Geschichte! Also, nicht sich daran irgendwie festbeißen. Einfach weitermachen! Manche Autoren haben, glaub ich, vier Bücher geschrieben, und das fünfte, oder das sechste [wurde veröffentlicht], also das gibt’s auch. Das ist sehr selten, dass das Debüt, wirklich das erste Buch, rausgebracht wird. Aber gut, dann gibt’s natürlich auch die Selbstveröffentlichungsroute, falls sich da jemand für interessiert. Aber ich bin da jetzt erst mal ganz altmodisch und traditionell und möchte mal probieren, ja so [den] normale[n] Weg mit Agenten und ob es überhaupt klappt, weil das ist auch interessant zu gucken. Aber es gibt andere Optionen, falls jemand sein Buch unbedingt rausbringen will. Es gibt auch andere Wege, über eben dieses Self-Publishing, und ohne Agent[en] gibt’s auch ein paar kleine Indie-Verlage, da kannst du auch direkt dein Manuskript ohne Agenten einreichen, aber da ist halt das Risiko, dass du vielleicht keinen guten Vertrag bekommst. Die Agenten gucken das alles durch, ne, die machen alles für dich, und das fällt dann weg. Da musst du dann gucken, dass du den Vertrag vielleicht von nem Anwalt überprüfen lässt, einfach um sicherzugehen, wer diese Leute sind, und auch online gucken, ob das Betrüger sind – gibt‘s auch, leider, ja, aber man muss halt seine Recherche machen, genau wie bei den Agenten.
Lisa: Zum Thema Magazine sagte Tonia Folgendes:
Tonia: Wenn man einmal anfängt mit diesen Recherchen für die Magazine, dann kommste nicht mehr raus, also ich hab jetzt bestimmt so ne Excelliste mit 400, 500 Magazinen. Und dann gibt’s ja noch Webseiten, wo du auch Magazine suchen kannst. Oh Gott. Ja, also ich glaube, wer was rausschicken will, der hat Tausende von Chancen, zumindest auf dem englischsprachigen Markt. Falls jemand gern Fantasy hört – Podcastle heißt das, und das ist eher ein Audiomagazin, sagen wir mal, also die Storys stehen auch da, du kannst die also auch lesen, aber eigentlich werden sie vorgelesen und das find ich ganz witzig.
Lisa: Ah cool.
Tonia: Wettbewerbe sind ne gute Idee. Ja, also es ist auf jeden Fall ein sehr schönes Hobby und mir gefällt’s, da kann ich ein bisschen eintauchen in andere Welten, in andere Charaktere, andere Rollen schlüpfen. Und da ich früher mich auch für so Schauspiel interessiert hab, ist es ein kleiner Kompromiss, weil ich tauch dann so in meine Charaktere ein und versuch, mich da reinzuversetzen. Da ist es irgendwie schon so’n bisschen wie Schauspielerei. Insofern, zwei Fliegen mit einer Klappe! Ja.
Lisa: Als Letztes fragte ich Tonia, welche Podcasts und Bücher sie zum Thema Schreiben besonders empfehlen kann.
Tonia: Einer meiner Lieblingspodcasts ist Writing Excuses. Das ist ein Podcast von Brendan Sanderson, Dan Wells – der schreibt auch Jugendbücher, also der schreibt eigentlich alles – und dann eine Autorin, die ich leider nicht kenne, Mary Robinette [Kowal], die ist aber auch ganz nett. Sehr informativ, 15 Minuten lang, also kurz und knapp. Und da am Ende gibt’s ne kleine Hausaufgabe und die empfehlen dann auch immer irgendein Buch. Also, das ist sehr nett, das hör ich gern. Dann gibt’s noch Helping Writers Become Authors von K.M. Weiland, die hat auch Bücher. Eins ist Outlining Your Novel, dann Structuring Your Novel, Creating Character Arcs. Die kann ich auch alle empfehlen. Dann gibt’s noch The Manuscript Academy, das ist ein nettes Podcast, aber sehr lange Episoden, also schon ne Stunde und so. Und Pub Crawl hab ich hier auf meinem Handy. Pub Crawl und DIY MFA. Da gibt’s auch ein Buch dazu. Und Bücher – ja, also alle von dieser K.M. Weiland halt und dieses Save the Cat Writes A Novel ist sehr nett. Make A Scene, da geht’s um Szenen, wie man so’n Pageturner macht und wie man die Szenen aufbauen soll, das ist von der … Jordan Rosenfeld heißt die. Dann hab ich noch Manuscript Makeover, das ist toll für Editing, also wenn du fertig bist mit deinem Roman, da sind echt supertolle Tipps drin. Und dann, falls jemand Flash Fiction schreiben möchte, da gibt’s eins, Flash! mit Ausrufezeichen, das ist ganz gut, mit Übungen, und falls jemand nur Übungen machen möchte, da gibt’s so’n Buch, das haben auch voll viele empfohlen, da geht’s um so unkonventionelle Übungen – The 3 A.M. Epiphany – wo du dann deiner Kreativität freien Lauf lässt und dein Gehirn so’n bisschen anders denken lässt.
Lisa: Und das war unsere Spezialepisode zum Thema Schreiben. Bleibt gesund und bis bald!
Tipp: Tonias Webseite findet ihr auf toniamarkou.com. Dort findet ihr z.B. auch eine komplette Liste ihrer Lieblingsbücher übers Schreiben.
Umgangssprachliche Ausdrücke
Kram = Sachen
ab und an = gelegentlich, manchmal
gell? = oder?
drauflos = ohne zu zögern
etwas ... hintun = etwas an einen bestimmten Ort legen / an eine bestimmte Stelle positionieren
Rumprobieren = mehrmaliges Probieren / Experimentieren