Transkript - Episode 1: Geschenke

 
Vladi: Willst du was Interessantes hören? Ich hab als Kind nie ein Weihnachtsgeschenk bekommen.
Ich: Oh nein, warum denn nicht?
Vladi (lacht): Das ist bei uns... Jetzt weiß ich nicht, ob das bei uns… also, ich bin ja in Bosnien aufgewachsen. Ich meine fast, das ist bei uns nie Tradition gewesen. Oder vielleicht ist es nur in meiner Familie so gewesen. Aber Geschenke zu Weihnachten, das war für mich nur… och, das macht man in den Filmen, ich kannte es nur von amerikanischen Filmen und Serien.
Lisa: Das ist interessant, denn ich hatte mal eine bulgarische Schülerin, die hat mir das auch gesagt, dass sie nie Weihnachten gefeiert haben.
Vladi: Wir haben es schon gefeiert… Als nicht wirklich religiöse Familie haben wir trotzdem irgendwie Weihnachten gefeiert. Also [den] Weihnachtsbaum haben wir immer geschmückt, und Weihnachten war für uns halt, ähm, dass halt Familie zusammenkommt, dass wir zusammen essen, reden, lachen, Freude haben. Es ging nie um Geschenke, wir haben uns nie irgendwas geschenkt.
Lisa: Hat sich das geändert?
Vladi: Nein. Ich finde das aber auch gut so. Für mich ist das kein Mehrwert, also ein Geschenk zu Weihnachten, ich brauch das eigentlich nicht, ich wäre dann lieber mit meiner Familie zusammen, was natürlich dieses Jahr nicht der Fall sein wird, aber hey!
Lisa: Aber ja, das ist eine gute Einstellung, ja, ich denke auch, die Zeit zusammen zu verbringen ist viel wichtiger.
Vladi: Genau, [es] ging nie um Geschenke.
 
Lisa: Hallo & herzlich willkommen zur allerersten Episode des Spoken German Podcasts. Ich freue mich sehr, dass du zuhörst. In dieser ersten Episode geht es um das Thema Geschenke. Weihnachten ist nah – es ist der 15. Dezember – und aus diesem Grund habe ich einige meiner deutschsprachigen Freunde zu dem Thema Geschenke befragt. Ich habe sie gefragt, was sie gerne verschenken, was die besten Geschenke für sie sind und was sie von dem massigen Geschenkekauf in der Weihnachtszeit halten. Am Ende ging es auch um die Frage: sind materielle Geschenke überhaupt wirklich notwendig oder angebracht? Ganz am Anfang hast du meinen guten Freund Vladi gehört, der ursprünglich aus Bosnien kommt, aber dessen Deutsch besser ist als meins. Von ihm hörst du gleich noch mehr. Aber hier zuerst die Antwort meiner Schwester Inga, als ich sie fragte, über was für Geschenke sie sich am meisten freut und was sie am liebsten verschenkt:

Inga: Selbstgemachte Geschenke… Ich mag es, wenn ich anderen Leuten was basteln kann oder was backen kann und ich mag es auch, wenn andere Leute mir was machen.
Lisa: Du machst ja immer gerne Geschenke für andere selbst.
Inga: Ja, nicht immer, aber ich finde es schöner als immer nur was zu kaufen. Wenn ich was kaufe, dann bemühe ich mich, was zu finden, was demjenigen gefällt und nicht einfach irgendwas zu kaufen auf den letzten Drücker, sondern ich kauf die Sachen dann manchmal auch schon Monate vorher. Wenn ich was Schönes sehe, zum Beispiel im Sommer, und ich denke, das könnte dem zu Weihnachten gefallen, dann kaufe ich das trotzdem, auch wenn es erst Juni ist.

Lisa: Vladi schien eine ähnliche Meinung darüber zu haben, was ein gutes Geschenk ausmacht.

Vladi:
Interessant, hm… Ich würd sagen, ich könnte dir wahrscheinlich nicht so eine Sache sagen, die dann… von der ich denke, das ist das beste Geschenk. Aber immer wenn ich dann irgendwas geschenkt bekomme, wo ich sehe, okay, die Person kennt mich, die weiß, was ich mag, die hat sich Gedanken darüber gemacht, die hat sich Mühe gemacht, das ist ein gutes Geschenk für mich, und es ist egal, ob es jetzt 5 Euro kostet oder 100, das ist absolut egal. Hauptsache, ich sehe und ich merke, okay, wow, die Person kennt mich, die weiß, was ich mag, die hat sich Gedanken darüber gemacht.
Lisa: Ich denke, alle meine Freunde würden Vladi hier zustimmen. Und ich auch. Und genau wie meine Schwester hält auch meine Freundin Jasmin aus Österreich viel von selbstgemachten Geschenken.

Jasmin: Meine Mama bastelt supergern. Die hat zuhause einen eigenen Bastelraum und ist superkreativ und die bastelt dann selber Karten und, ich weiß nicht, alle möglichen coolen Dinge. Freut mich auf alle Fälle immer wieder. Vor allem, man steckt ja die Zeit rein… es ist zwar keine gemeinsame Zeit, aber die Person steckt die Zeit da rein und macht sich Gedanken darüber, und sehr viel. Das ist dann auch schön.

Lisa: Hier ist mein Kumpel Leo, mit dem ich sehr lange über das Thema gesprochen habe.

Leo: Ähm, ich bin total unkompliziert mit Geschenken, solange ich halt weiß… also, wenn die Person vielleicht ein bisschen Herzblut oder so, oder ein bisschen Gedanken, sag ich mal, reingesteckt hat, dann ist mir das meistens schon viel mehr wert. Also ich bin mehr so der Typ für persönliche Sachen, selbstgemachte Sachen, oder irgendwelche Erfahrungen oder ja, ein schönes Abendessen oder irgendwas zusammen… irgendwas, was man zusammen macht und eine gute Erinnerung, sag ich mal, davon behält, weil im Endeffekt, eine Erinnerung bleibt dir meistens dein ganzes Leben lang hängen, wenn es wirklich was Gutes war, wo … keine Ahnung. Also ich kriege halt sehr viele Klamotten meistens und so was geschenkt. Was schön ist, [dann] brauche ich mich nicht darum [zu] kümmern, ich hasse Einkaufen, also ist ganz gut, ist nicht schlecht, aber so ´nen Urlaub oder so was find ich besser und es muss jetzt kein teurer Urlaub oder irgendwas sein.

Lisa: Gemeinsame Zeit und Erlebnisse -- die sind auch Jasmin und Vladi sehr wichtig.

Jasmin: Also, meine Lieblingsgeschenke sind immer Zeit. Zeit mit wer sich auch immer ein Geschenk wünscht. Irgendwohin fahren, in ‘ne neue Stadt, ja, ein Eis essen gehen, ein Dinner, was auch immer.
Lisa: Ja, Reisen sind für mich, glaub ich, auch die schönsten Geschenke.
Jasmin: Es muss nix Exotisches sein.  Es kann auch, also, ich weiß nicht, nach Kopenhagen sein, das ist ein paar Stunden Fahrt, oder nach Göteburg, das sind sechs Stunden Fahrt, es muss jetzt nicht Mallorca und, ich weiß nicht wohin, sein.

Vladi: Also Erlebnissachen finde ich vielleicht noch besser als so Sachen, die man anfassen kann. Also vielleicht eine Reise, wenn es mal ein bisschen mehr kosten soll, finde ich ganz nett.
Lisa: Ich liebe natürlich auch Bücher, aber ich habe viel zu viele.
Vladi: Ich auch!

Lisa: Sowohl Leo als auch Vladi sprachen von der Freude, spontan ein Geschenk zu bekommen.
 
Leo: Warum müssen wir Leuten immer nur zu bestimmten Tagen oder Zeiten was schenken, anstatt vielleicht einfach ganz random [spontan], sag ich mal, so zwischendurch, einfach mal Geschenke zu machen? Warum brauchen wir immer einen Grund dafür, warum brauchen wir immer einen speziellen Tag oder einen Feiertag dafür, um anderen Leuten eine Freude zu machen oder ein Geschenk zu machen?
 
Vladi: Unter Freunden haben wir immer so [unter] uns abgemacht, dass wir uns weder zu Weihnachten noch zum Geburtstag etwas schenken. Jetzt mittlerweile ist es so, dass wir uns doch zu Geburtstagen was schenken, aber zu Weihnachten zum Beispiel nicht. Das ist mir total unwichtig. Viel besser finde ich es, wenn mich jemand so mit einem Geschenk überrascht, ohne dass es Weihnachten ist oder mein Geburtstag, weil jemand an mich gedacht hat, aus welchem Grund auch immer.
Lisa: Ja, finde ich auch, ja.
Vladi: So wie als du mir das nutritional yeast [Hefeflocken] geschickt hast. Das war ein tolles Geschenk!

Lisa: Ich hatte Vladi einmal Hefeflocken geschickt, weil er gerade Veganer geworden war und er Hefeflocken an seinem damaligen Wohnort Dublin nicht finden konnte. Hefeflocken eignen sich gut, um Saucen einen käsigen Geschmack zu verleihen.

Lisa: Und was für Geschenke kaufst du für andere?

Leo: Generell bin ich sehr schlecht mit Geschenken, muss ich sagen. Also, im Generellen, wenn ich Geschenke mache, dann versuche ich wirklich irgendwas zu finden, was halt entweder ‘nen persönlichen Wert hat oder irgendwas Sinnvolles, sag ich mal. Also ich mag’s nicht, einfach nur Geschenke jetzt für den Zweck Weihnachten oder Geburtstag oder irgendwas zu holen, einfach nur, damit man der Person irgendwas geben kann. Also, ich sehe das hier bei uns immer ganz oft in Irland, zum Beispiel, dass, wie gesagt, man schickt sich etliche Weihnachtskarten [und bekommt Karten] von Leuten, mit denen man so gut wie nie redet im Jahr. Das ist einfach immer nur so dieses Traditionelle, was ja an und für sich eine schöne Sache ist, wenn man eine Weihnachtskarte und so erhält. [Das] sehe ich zumindest bei uns so, also nicht bei mir persönlich, aber bei meinem Partner zum Beispiel, dass es dann halt wirklich so ist, dass man irgendwie Duftkerzen oder so‘n, ich sag mal, Entschuldigung für die Sprache jetzt, aber irgendso‘n Scheiß kauft, weißte, einfach nur um diese Aufmerksamkeit zu machen, was ja ‘ne schöne Geste ist, aber…
Lisa: Ich habe dir erzählt, oder, von der Situation, wo eine Freundin und ich einer anderen Freundin eine Duftkerze geschenkt haben und vergessen hatten, dass sie nicht riechen kann, dass sie keinen Geruchssinn hat?
Leo (lacht): Nein, das hab ich noch nicht gehört.
Lisa: Ja, das war ein bisschen unangenehm.

Lisa: Zum Thema Wunschlisten sagten Jasmin und Leo Folgendes.

Jasmin:  Für Kinder definitiv, also, meine Schwester macht immer für meine Nichten Wunschlisten… ach, Wunschlisten, ähm, ja, Briefe ans Christkind, die werden dann fotografiert. Find ich ganz gut, vor allem wenn man weiter weg wohnt, weil ja, keine Ahnung, was man denen geben soll. Ich find Wunschlisten generell ‘ne gute Idee als Leitfaden. Ich muss ja nicht ganz genau das kaufen – die Cappuccino-Duftkerze, die da draufsteht – sondern, wenn ich weiß, die mag Duftkerzen oder die mag ein Buch über, weiß ich nicht, Antiquitäten, dann hab ich einen Anhaltspunkt. Also, generell Wunschlisten find ich schon ‘ne gute Idee.

Leo: Ich gucke momentan selber gerade wieder nach Weihnachtsgeschenken und hab halt überhaupt keine Ahnung, was ich besorgen kann, und [es] ist halt bei Familie so, Nichten und Neffen und… da ist es immer halt so, ja, okay, das sind halt Kinder, die freuen sich darüber, da holt man halt das, was sie haben wollen. Bei meinen Geschwistern bin ich mittlerweile wirklich so, ich frag einfach bloß: ‚Was brauchst du?‘ Es wirkt immer sehr unpersönlich [auf] Leute, wenn du halt irgendwie nachfragst, aber ich bin dann wirklich lieber so, dann weiß ich lieber, wenn wir schon diesen Drang oder diesen Zwang nach ‚ich muss dir was schenken, du musst mir was schenken’ haben, dann will ich wirklich lieber was schenken, was auch wirklich irgendwie ‘nen Nutzen oder so hat, und nicht mit irgend’nem… irgendso’nem Kram ankommen, der im Endeffekt nix bringt

Lisa: Und so wurden auch einige der negativen Aspekte von Geschenkekäufen erwähnt, vor allem in Bezug auf die Weihnachtszeit.

Leo: Also, wie gesagt, das, was ich überhaupt nicht mag, ist dieser Stress. Und dass ich diesen Stress selber gerade hab. Du hast schon den Stress auf der Arbeit, oftmals, hast deinen persönlichen Kram, mit dem du zu tun hast, und dann kommt dieser ganze Monat von – oder zwei Monate fast – von ‚oh, ich muss jetzt Geschenke kaufen, ich muss jetzt Geschenke kaufen‘. Dann haste wieder kein Geld übrig, und, ach, es ist ‘ne Katastrophe, wirklich. Es gibt Leute, die nehmen Kredite auf, um Weihnachtsgeschenke oder Reisen oder irgendwas zu machen, die sie sich gar nicht leisten können, und ich denk mir dann immer so: ‚Warum ist es so wichtig, immer mehr und immer teurere Sachen zu schenken, um zu zeigen, wie sehr man eine Person mag, wenn es so viele andere Wege geben würde, die so viel einfacher sind?‘

Jasmin: Leider spielt Geld immer mehr ‘ne Rolle, auch im Familienkreis bezüglich Weihnachtsgeschenken. Da wurde jetzt ein Betrag festgesetzt, wie viel jeder jedem schenken muss, etwas schade. 
Lisa: Ja, das stimmt.
Jasmin: Aber… Ja.
 
Lisa: Ich freu mich eher über einen langen Brief als dann über ein Päckchen mit einer Karte, wo ein Satz draufsteht… Ich denke auch, es macht mehr Sinn, wenn man Kontakt mit der Person hat, wenn man wirklich merkt, sie interessiert sich für dich, sie denkt an dich und macht es nicht einfach nur aus Zwang oder dem Gefühl [heraus], ‚ja, die Person hat mir jetzt zuletzt was geschickt, jetzt muss ich ihr auch was schicken‘.
Leo: Richtig.

Lisa: Denkst du, es gibt so in diesem Jahr durch Fridays for Future und so weiter, denkst du, da gibt es einen Bewusstseinswandel oder hast du das Gefühl, dass mehr Menschen sich Gedanken darum machen, vielleicht nicht mehr so viel zu konsumieren und vielleicht nicht mehr so viele Geschenke im Internet zu bestellen zum Beispiel, oder Dinge mit viel Verpackung?
Leo: Also, ich denke im Generellen schon, dass die Leute langsam anfangen, über den Konsum und alles nachzudenken. Mir ist das so ein bisschen in den Sinn gekommen, dass ich vielleicht mein eigenes Verhalten im Generellen für Weihnachten auch [gern] ändern würde, weil es ja auch sehr viele Leute gibt, die dann mittlerweile einfach nur Spenden machen, für Organisationen oder Unternehmen oder Leute, die es brauchen, anstatt sich gegenseitig Sachen zu schenken, und ich denk mal eigentlich, dass das ’ne ganz gute Sache ist, wenn du wirklich nichts brauchst. Alleine kann man jetzt nicht viel ändern, aber man kann mehr solche Gespräche aufbauen.

Lisa: Ich erzählte Vladi, dass ich meinen Schwestern gesagt hatte, dass ich mir zu Weihnachten nichts wünsche, sondern dass, wenn sie mir etwas schenken wollen, dann sollten sie an gemeinnützige Organisationen spenden, die mir gefallen.

Vladi: Voll die coole Idee mit den Geschenken, also dass man dann in deinem Namen irgendwas spendet, anstatt dir was zu schenken, find ich voll cool. Ich sag meinen Freunden und Familienmitgliedern immer, die sollen mir nichts schenken.

Lisa: Und Leo sprach vom Wert echter Kommunikation und Freundschaft.

Lisa: Es geht hier um die Zeit, die wir miteinander verbringen, vielleicht können wir ja zusammen was kochen oder was backen, uns unterhalten, Spiele spielen, und so weiter, Spaziergänge machen.
Leo: Ich glaub so, das ist dieser Punkt, dass wir vergessen, mittlerweile, wie wichtig Kommunikation ist und wie viel Freude man […] aus purer Kommunikation […] entnehmen kann. Einfach nur ’ne gute Unterhaltung. Wie gesagt, wenn ich mich an Sachen oftmals erinnere, und wenn man jetzt mal [kurz] vom Thema Geschenke oder so wegkommen, die Sachen, an die ich mich oftmals am meisten […] erinnern kann, sind wirklich so Momente gewesen, oder wenn man auf ’ner Feier war, oder irgendwas, wenn man wirklich einfach ’ne gute, richtig lange, schöne Konversation über Gott und die Welt hatte, um sich viel besser kennenzulernen, um ’ne tiefere Beziehung mit Leuten einzugehen, um offenherziger [zu werden] und Sachen mit anderen Leuten zu teilen. Das sind so die Punkte, wo ’ne Freundschaft für mich dann oftmals richtig entstanden ist.

Lisa: Und damit endet unsere Episode zum Thema Geschenke. Vielen Dank fürs Zuhören. Ich freue mich über jeden Kommentar. Und bei Fragen kannst du dich auch sehr gern bei mir melden. Ich wünsche dir eine schöne, harmonische und vor allem stressfreie Weihnachtszeit! Bis bald!