Transkript - Episode 3: Neujahrsvorsätze, Teil 2
Nicola: Instagram. Da geht’s so um Selbstdarstellung. Dein Gesicht muss super aussehen, dein Hintern muss super aussehen, deine Wohnung muss super aussehen und das Essen, was du fotografierst, muss auch super aussehen. Und man muss am Ende sagen: „Mensch, das ist ‘ne Mutter mit fünf Kindern, die hat‘s aber trotzdem raus und sieht noch gut aus.
Lisa: Willkommen zurück zum spoken german Podcast! In diesem zweiten Teil zum Thema ‚gute Vorsätze‘ geht es um typische Neujahrsvorsätze, Schwierigkeiten bei der Umsetzung unserer Ziele und mögliche Strategien, um unseren eigenen inneren Schweinehund zu besiegen.
Nicola erzählte mir, dass sie vor kurzem etwas zum Thema Neujahrsvorsätze in einer Zeitschrift gelesen hatte:
Nick: Da waren ganz klassische Dinge dabei wie Diät machen, auf die Ernährung achten und sich mehr bewegen. Aber der größte Anteil war mehr mit seiner Familie und mit Freunden unternehmen. Das fand ich interessant. Interessant war auch, dass es ums Konsumieren ging. Ein oder einige Antworten gingen auch in die Richtung minimalistischer zu leben und weniger zu konsumieren. Und ein kleiner Teil wünscht sich auch fürs nächste Jahr weniger Handykonsum. Das wünsch‘ ich mir fürs nächste Jahr auch, dass ich da bewusster gucke und bewusster Zeit verbringe mit meinen Kindern und mit Freunden.
Lisa: Zeit mit der Familie kann natürlich auch stressig sein. Ich erzählte Jasmin, wie ich meine eigenen guten Vorsätze im Bereich Kommunikation mit der Familie oft nicht einhalte.
Lisa: Mit Freunden ist es ja meistens einfach, klarzukommen.
Jasmin: Ja.
Lisa: Aber die Familie hält einem dann oft so’n Spiegel vor und da merk ich auch immer wieder, dass ich dann schon den Drang hab, mich irgendwie zu verbessern oder zu verändern, aber ja, häufig passiert es dann leider doch nicht.
Jasmin: Neuer Vorsatz 2020!
Lisa: Leo erzählte mir von einer Freundin, die anscheinend viel zu viele Pläne macht:
Leo: ‘Ne gute Freundin von mir sagt: „Ja, lass uns schwimmen gehen, aber ich hab nur ’ne Stunde Zeit, weil danach muss ich noch zum Yoga oder treff‘ mich da noch mit jemandem zum Kaffee. Und muss hier noch Lunch haben und dies und das.“ Und ich sag so: „Komm doch mal runter! Du machst viel zu viel an einem Tag, und so sieht deine ganze Woche aus! Und dann wunderst du dich, dass du völlig ausgelaugt bist.“ Ich mein‘, das ist jedem selbst überlassen, du kannst halt niemandem sagen, was er zu tun oder zu lassen hat, aber für mich war das halt so’n Punkt, wo ich gesagt habe, ich will gerne mehr machen, ich will aktiver sein, aber ich will mich jetzt auch nicht in drei Stücke reißen, so dass ich an drei Orten zur selben Zeit sein kann. Das funktioniert einfach nicht.
Lisa: Nicola erwähnte den Selbstoptimierungswahn, der wahrscheinlich einiges mit unserer Obsession mit sozialen Medien wie Instagram zu tun hat:
Nicola: Ich finde, das ist ja ‘ne Plattform, da geht es so um Selbstdarstellung und in der du optimal wirken musst. Dein Gesicht muss super aussehen, dein Hintern muss super aussehen und deine Wohnung muss auch super aussehen und das Essen, was du fotografierst, muss auch super aussehen. Ich könnte ja einfach sagen, „komm, da geh‘ ich erst gar nicht mehr drauf, auf die Plattform“ oder ich entzieh‘ mich der Sache, aber ich glaub‘, das kann ich gar nicht. Also, ich find‘ es ja auch interessant zu gucken, wie Andere sich selbst optimieren und man kann auch Anregungen kriegen, das will ich gar nicht sagen, also, ich hab‘ schon auch viele Anregungen bekommen. Ob ich das dann so umsetze wie diejenigen, die das vorschlagen, naja.
Lisa: Alle betonten die Bedeutung unserer eigenen Einstellung. Hier ist meine Schwester Inga:
Inga: Wenn einem das wichtig ist, dann hält man das durch. Deshalb find‘ ich, die Vorsätze, die man sich macht, die wirklich wichtig sein und von Herzen kommen.
Hier ist Lisa Marie:
Lisa Marie: Ich denk‘, es geht drum, sich dann wirklich realistische Ziele zu stecken, an denen man dann nicht nach ‘ner Weile wieder verzweifelt. Ich hab‘ dann halt eher gemerkt, dass ich so ganz enttäuscht bin, wenn ich das dann nicht erreiche, oder wie´rklich sehr hart zu mir selbst bin, wenn ich das dann hätte das und das erreichen sollen, das dann aber nicht gemacht habe, und dann aber vielleicht auch nicht sehen kann, dass einfach sehr viel los war oder wie viel ich tatsächlich schon geschafft habe, einfach weil ich mich dann zu sehr auf diesen einen Vorsatz konzentriert hab‘.
Ich: Becky fasste noch einmal das Wichtigste zusammen:
Becky: In sich zu gehen und das Jahr und den Moment noch mal tiefgründig zu reflektieren, zu feiern, wie viel man jetzt persönlich gewachsen ist und wie wir uns entwickelt haben, oder auch einfach dankbar zu sein und zu schauen, woran man noch arbeiten möchte und kann.
Lisa: Vor ein paar Tagen entdeckte ich ein neues Sonderheft des Magazins ‚Psychologie bringt dich weiter‘. In diesem Übungsheft ging es um das Thema Neustart und es wurde ein Buch von James Clear, dem Begründer der „The Habits Academy“ genannt. Sein Buch heißt ‚Atomic Habits‘ und laut des Magazins hat der Autor einen Plan entworfen, mit dem es uns gelingen soll, unsere Gewohnheiten zu ändern. Einer der Aspekte dieses Plans besteht darin, unsere Intentionen so klar und konkret wie möglich festzuhalten. Der Autor sagt auch, dass man die neue Gewohnheit attraktiv gestalten muss, d.h. wir sollten uns zwischendurch belohnen und uns mit Menschen umgeben, die das gleiche oder ein ähnliches Ziel verfolgen. Ein weiterer Tipp lautet: Mach es dir so leicht wie möglich. Das heißt, man sollte alle Dinge, die einen von dem gewünschten Verhalten ablenken, entfernen bzw. abschalten und die Dinge, die einen an das gewünschte Verhalten erinnern, so sichtbar wie möglich machen.
Ich fragte auch meine Freunde: Was denkst du, was wären gute Strategien, um seine guten Vorsätze oder auch persönlichen Ziele nicht wieder zu schnell aufzugeben?
Becky: Wichtig ist, dass man nicht irgendwie so ’ne Bestätigung für sich selber im Außen sucht, also so’n Spiegel in den sozialen Medien – das ist ja immer einfach, sich zu vergleichen oder so’n Standard zu setzen oder von Anderen setzen zu lassen – sondern dass man in sich geht, so’n bisschen meditiert, reflektiert, und einfach guckt, wo ist man jetzt auf der Reise? Ja, den Versuch immer wieder mal im Kopf zurückzurufen, verinnerlichen, und vielleicht nochmal neu anfangen, wenn’s nicht geklappt hat.
Ich: Jasmin sagte, dass es helfen könnte, sich den guten Vorsatz aufzuschreiben und an einen Ort zu heften, wo er täglich sichtbar bleibt. „Immer wieder zu reflektieren und sich eine Roadmap zu erstellen und sich wöchentlich oder zweiwöchentlich zu fragen: wo bin ich? Habe ich erreicht, was ich möchte? Was sind meine Schritte? Und auch, das Ziel in kleinere Unterpunkte zu unterteilen.“ Sie erwähnte auch, dass es helfen könnte, sich eine Gruppe oder Partner zur Unterstützung zu holen. Lisa Marie sah das genauso:
Lisa Marie: Ich glaub, dass es ganz gut ist, sich vielleicht ’nen Buddy dazuzuholen, also jemand[en], mit dem man z.B. zusammen Sport macht, oder auch einfach Leute, die einen gut kennen und denen man vertraut und die man vielleicht sogar fragen kann in einem ganz ehrlichen Gespräch: „Wie hast du mich letztes Jahr erlebt? Und was denkst du, was ich verbessern könnte?“ Oder auch, wenn man ein bestimmtes Ziel hat, also z.B. das gesündere Essen, auch die Leute im Umfeld, v.a. den Partner oder die Familie, die Mitbewohner, die Menschen, mit denen man zusammenlebt, um Unterstützung zu bitten, einfach.
Lisa: Stimmt.
Lisa Marie: Ich glaube, das würde mir helfen.
Leo: Dass du dir quasi ein großes Hauptziel setzt und das etappenweise angehst. Du kannst nicht davon erwarten, dass von heute auf morgen alles zusammenkommt und dein Ziel dann einfach erreicht ist. Also, wenn du dir wirklich ein großes Ziel setzt, denk‘ ich, dass es wichtig ist, dass du das in mehrere Etappen unterteilst und dir kleinere Ziele zwischendurch setzt, die einfacher zu realisieren sind. Also erstmal das große Hauptziel setzen und dann langsam zurückkommen, weil es sehr frustrierend sein wird. Du wirst nicht alles beim ersten Mal hinbekommen, du wirst wahrscheinlich sehr oft danebenliegen oder Sachen verhauen, dass man sich davon aber nicht unterkriegen lässt und dann wirklich die Ziele so setzt, dass [du] sie halt verwirklichen kannst und dich damit dann gut fühlst. Kleine Erfolge sind, denk‘ ich, wichtig, um dann irgendwann an das größere Ziel zu kommen. Und es geht ja meistens nicht wirklich ums Ziel, es geht wirklich… ich weiß, das klingt jetzt wieder so total kitschig und typisch, aber es geht mehr um die Reise zum Ziel, die Erfahrung, die du dann machst, und nicht das Endziel zu erreichen.
Ich: Vor ein paar Monaten erfuhr ich in einem Podcast, dass es uns motivieren kann, wenn wir die eigene Identität mit dem persönlichen Ziel verbinden, d.h. indem wir uns zum Beispiel sagen: „Ich bin Läufer“ statt einen ganz vagen, unverbindlichen Satz wie „Ich möchte mehr laufen“. Am besten, man übt immer weiter, bis der gute Vorsatz nicht mehr nur ein Vorsatz ist, sondern ein ganz normaler Teil der alltäglichen Routine geworden ist.
Zuletzt sprach ich bei meiner Schwester und meinen Freunden an, was mir bei vielen typischen Vorsätzen wie Fitness, die eigene Gesundheit, berufliche Ziele und Zeit für Hobbys aufgefallen war: dass es dabei häufig nur um das eigene Wohlbefinden geht.
Inga: Ich glaube, dass die meisten Leute – ich wahrscheinlich eingeschlossen – grundsätzlich egoistisch sind und wenn es was ist, was einem selber guttut, dann bleibt man da meistens bei. Ich glaube aber auch, dass … z.B. es gab ja diese Studie, wenn Leute Geld bekommen und sie schenken anderen Leuten was – kaufen anderen Leuten was von dem Geld – dass man dann länger glücklich bleibt als wenn man für sich selber was kauft. Ich glaub‘, mit Vorsätzen kann man das vielleicht auch umsetzen. Also wenn man was macht, was z.B. für Andere auch gut ist, ob es jetzt für Tiere ist, weil man [sich] vegetarisch ernähren will, oder weil es für andere Leute ist, weil ich z.B. mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen will – ich glaube, wenn es was mit anderen Leuten zu tun hat und mit Großzügigkeit, dann kann es schon sein, dass das längerfristig wirkt, also dass man dabei bleibt. Weil man ja dann merkt, dass [das] auch bei den anderen Leuten ‘nen Effekt hat. Viele Frauen und Männer sind ja voll berufstätig und verbringen nicht viel Zeit mit ihren Kindern und wenn sie sagen, „okay, ich nehm’ mir aber jetzt Zeit, ich nehm’ mir einen Nachmittag die Woche frei, ich setz‘ das durch, und dann verbring‘ ich die Zeit mit meinen Kindern, ohne die ganze Zeit auf mein Handy zu starren und mach‘ mit denen was, selbst wenn’s nur zuhause Basteln ist, oder Spazierengehen im Wald, aber ich verbringe Zeit mit meinen Kindern – ich glaube, dann werden die Kinder glücklicher und dadurch wird dann auch der Vater oder die Mutter glücklicher. Und ich glaube, dann bleibt man auch dabei.
Lisa Marie: Ich fänd’s auch schön, wenn man sich mehr bewusst darüber wird, wie man mit den Menschen im eigenen Umfeld interagiert oder auch in der weiteren Gesellschaft, oder auch mit der Umwelt, und wo stehe ich in unserer Welt und was trage ich dazu bei und was haben meine Handlungen für Folgen. Ja, auch da kommt man, find‘ ich, wieder zum Thema Reflexion zurück, was ich schön finde, also ich würde sagen, den Menschen würde eine Neujahrsreflexion ganz gut tun, statt vielleicht unbedingt Vorsätze, aber um einfach mal zu gucken, wo steh‘ ich, wer bin ich und was mach‘ ich hier eigentlich.
Lisa: Und damit ist Teil 2 unserer Episode zum Thema ‚gute Vorsätze‘ zu Ende. Ich wünsche euch alles, alles Gute fürs neue Jahr! Bis bald!